Von Birgit Bruck
Der Edelkrebs war früher hierzulande weit verbreitet, durch die eingeschleppte Krebspest gibt es aber nur noch kleine Bestände. Naturschützer wollen ihn wieder ansiedeln und lassen sich dabei auch von Rückschlägen nicht entmutigen.
TEMPLIN. Feinschmecker ziehen ihn sogar dem Hummer vor: den Edelkrebs. Bis vor 150 Jahren war er hierzulande weit verbreitet und bildete für viele Fischer sogar die Haupteinnahmequelle. Und in einigen Gegenden auch etwas wie die Hauptnahrungsquelle. Es soll sogar Verordnungen gegeben haben, die es untersagten, „dem Gesinde" öfter als dreimal wöchentlich Krebse aufzutischen. Diese Zeiten sind lange vorbei. Denn mit amerikanischen Krebsarten, die ab 1860 nach Europa eingeführt wurden, kam der größte Feind der Edelkrebse: die Krebspest. Ein Pilz, den die Tiere aus Übersee übertragen und gegen den sie selbst weitgehend resistent sind, der beim Europäischen Flußkrebs jedoch innerhalb weniger Tage zum Tod führt. So kommt es, dass die früheren Krebsgewässer auch in Brandenburg und der Uckermark mittlerweile von den „Amerikanern" - meist Kamberkrebse - besiedelt sind.
Mit einem Artenschutzprojekt in den Großschutzgebieten Naturpark Uckermärkische Seen und Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin wollen die Regionalgruppen des Naturschutzbundes (NABU) Templin und Prenzlau jetzt gegensteuern. „Unser Ziel ist es, die vorhandenen Vorkommen an Edelkrebsen zu sichern und durch gezielten Besatz neue Bestände zu schaffen", umreißt Norbert Bukowsky aus Templin die Aufgaben dieses seit rund zwei Jahren laufenden Programms, das derzeit das einzige seiner Art in Brandenburg ist.
Dazu gehören die Ermittlung vor- handener Bestände und geeigneter Ge- wässer zur Wieder-ansiedlung und die Aufklärung und Infor-mation über die Krebspest und Vor- teile eines Edelkrebs-bestandes. Nicht zu- letzt wegen dieses Bildungs- aspektes beziehen die Akteure um Norbert Bukowsky Kinder und Jugend- liche in das Projekt ein. Unter anderem die „Schlauen Füchse" der Naturschutzjugend (NAJU), aber auch interessierte - und informierte - Jugendliche wie den 15-jährigen Tamme Volpers aus Metzelthin oder die 17-jährige Marthe Stein aus Poratz. Die beiden - seit Jahren begeisterte Angler - sind fasziniert von der spannenden Unterwasserwelt heimischer Seen. Sie waren auch dabei, als die Uckermärker im November aus dem Krebsgarten Basthorst in der Nähe des mecklenburgischen Ortes Crivitz rund 2000 kleinere und größere Edelkrebse holten, um sie hier wieder anzusiedeln. Marthe weiß, dass dafür in den dafür vorgesehenen Gewässern ganz konkrete Bedingungen erfüllt sein müssen: „Zuerst haben wir mit speziellen Krebsreusen ermittelt, ob es bereits Krebse gibt. Sind es Kamberkrebse, ist der See für die Edelkrebse verloren. Außerdem braucht das Gewässer einen festen, am besten sandigen Untergrund im Uferbereich, in dem die Krebse ihre Wohnhöhlen bauen können." Bei ihren Untersuchungen kam sie zum Ergebnis, dass zum Beispiel die Tiefgrundseen bei Ahlimbsmühle und die Teiche in der Kiesgrube bei Buchholz als Krebsgewässer in Frage kommen. Auch in einen neuangelegten Teich am Stützpunkt der NAJU an der Templiner Kurmeile sollen im kommenden Jahr Krebse „einziehen".
Eigentlich sollte der Neubesatz dieser Seen mit Tieren aus dem Krummen See bei Wichmannsdorf erfolgen. Wo es, so Norbert Bukowsky, mit rund 20 000 Edelkrebsen den größten Bestand in Brandenburg gab. Bis sich vor einem halben Jahr dort aus Sicht der Naturschützer innerhalb weniger Tage eine Katastrophe abspielte. „Völlig unerwartet hatten wir plötzlich amerikanische Kamberkrebse in der Reuse. Und noch einige lebendige Edelkrebse, die aber allesamt innerhalb weniger Tage tot waren", erinnert er sich an den Tag im Mai. Der die Planungen im Artenschutzprojekt grundlegend veränderte, weil er unter anderem den Kauf von Krebsen notwendig machte. Dank finanzieller Hilfe von Stiftungen und Vereinen war das möglich. Da die Kamber-krebse alle eine Größe hatten, gehen die Fachleute davon aus, dass sie bewusst ausgesetzt wurden. Der Edelkrebsbestand im Krummen See ist komplett vernichtetet.
Entmutigen lassen sich die Akteure davon nicht, denn in anderen Gewässern hat der Neubesatz vergangener Jahre bereits gezeigt, dass es in der Uckermark Seen gibt, in denen die Bedingungen für den Edelkrebs stimmen. In ihrem Projekt setzten die Initiatoren auf den Grundsatz „Schutz durch Nutzung". Und so hat Norbert Bukowsky durchaus die Hoffnung, dass Edelkrebse aus der Uckermark wieder zur Delikatesse werden — weil sich Fischer wieder auf deren Zucht und Vermarktung spezialisieren.
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Obiger Artikel wurde mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der TEMPLINER ZEITUNG entnommen (Lokalteil des UCKERMARK KURIER vom 07.12.2015)
Zuletzt geändert: 20.03.2016