Nicole Manke hat als Kind schon in den Ziegeleibergen Buden gebaut. Auch ihr Töchterchen Letizia soll hier ihre Abenteuer erleben. Doch seit Kurzem scheint ein Zaun den Zugang zu versperren und niemand weiß warum, sagt sie. FOTOS: MONIKA STREHLOW


Die Ziegeleiberge wollen sie


nicht verlieren


Scabiose

Von Monika Strehlow

 

Seit Generationen nutzen Göritzer und Malchower den kleinen Höhenzug vor ihrer Haustür. Jetzt fühlen sie sich von einem übermannshohen Zaun ausgegrenzt und fürchten um Traditionen.

 

MALCHOW. Die Göritzer und Malchower lieben ihre Natur vor der Haustür. Da sind sie nicht anders als die meisten Uckermärker. Doch bei ihnen hat die Eiszeit einen besonderen Höhenrücken hinterlassen, den Niedener Os, der sich bis nach Mecklenburg-Vorpommern hineinzieht. Ihren „Anteil“ nennen die Malchower Ziegeleiberge. Für die Kinder ist es ein Eldorado, sommers wie winters, wo sie Herumstromern und Schlitten fahren können. Zu Ostern bevölkern Familien die Ziegeleiberge. Doch jetzt wachsen die Befürchtungen, dass es mit dem Eiertrudeln am Ostersonntag vielleicht nichts werden könnte. Nicole Manke zeigt auf einem Spaziergang mit Töchterchen Letizia den übermannshohen Wildzaun. „Der wurde hier rund um das ganze Gebiet gezogen. Nur ein paar Tore sind dazwischen eingelassen. Wie sollen wir denn da noch hineinkommen?“, fragt sie.

Das können Siegfried und Gerda Schukar auch nicht beantworten. „Ich bin hier vor 80 Jahren geboren. In all diesen Jahren haben wir immer dort gespielt“, erinnert sich der Malchower selbst gern an seine Kindheit. Auch seine sieben Kinder haben die-se Natur genossen. Sogar die 16 Enkel und acht Urenkel sind meistens auf den Ziege-leibergen zu finden, wenn sie das Seniorenpaar besuchen.

Sohn Roland Schukar, der gegenüber sein Häuschen hat, schwärmt ebenfalls noch von der Ungebundenheit, mit der sie als Kinder und Jugendliche viele Stunden auf den mit Buschwerk bewachsenen Hügeln verbrachten. „Will man uns jetzt das Betreten verwehren?“ Im Ort wüsste niemand, warum das Gebiet eingezäunt worden ist, er-klärt Christian Werth, der zwar in Berlin arbeitet, aber immer wieder gern nach Malchow nach Hause kommt. „Finden Sie doch heraus, was da los ist“, schickt er den Uckermark Kurier los.

 Der erfährt, dass die Ziegeleiberge auch für andere Leute etwas ganz Besonderes sind. Umweltschützer entdeckten, dass es sich um ein wertvolles Trockenrasen-gebiet handelt und stellten es 2004 als „Eiskellerberge-Os bei Malchow“ unter Naturschutz. Dort herrschen beste Bedingungen für die Graue Skabiose. „Brandenburg weist weltweit gesehen das Hauptverbreitungsgebiet der blau blühenden krautigen Pflanze auf. Auch in der Uckermark gibt es Bestände“, klärt Norbert Bukowsky auf. Der Vorsitzende der NABU-Ortsgruppe Templin berichtet von einem Florenschutzprogramm, das durch die Ortsgruppe ins Leben gerufen wurde. Dabei stehen vom Aussterben bedrohte Pflanzen wie Wiesen-Kuh-schelle, Märkisches Schwingelschilf, Sumpf-Engelwurz und eben Graue Skabiose im Blickpunkt. Das mit EU-Geldern geförderte Programm läuft jetzt nach drei Jahren aus. 15 Standorte wurden in dieser Zeit in der Westuckermark ausgewiesen. Dort werden die Flächen jetzt geschützt. Teilweise werden dort auch aus den vorhandenen Beständen gezogene Wildsämlinge angesiedelt.

In diesem Zuge rückten auch die Ziegeleiberge in den Blickpunkt. Doch Norbert Bukowsky beruhigt. Die Fläche soll für die Einwohner nicht gesperrt werden. Ziel ist es, den Trockenrasen durch Schafbeweidung zu erhalten. Dafür wurde der Zaun errichtet, dessen Höhe mit Blick auf mögliche Wolfsbesuche gewählt wurde. „Die Schafe werden nur wenige Wochen im Jahr dort weiden. Danach bleiben die Tore offen, durch die kann jeder hinein“, erläutert Norbert Bukowsky. Ab-gestimmt worden sei das Projekt mit der Gemeinde, mit Landwirten und Jägern. Als Partner wurde ein Landwirt aus Wallmow gewonnen, der seine Schafe dort einstellen wird. Auch der Imker wird seine Bienen weiter von den Ziegeleibergen ausschwärmen lassen.

 

Kontakt zur Autorin: m.strehlow@uckermarkkurier.de

 

Aus der Prenzlauer Zeitung vom 12. März 2015, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

 

 

Zuletzt geändert: 20.03.2016