Verwaisten Pechvogel gerettet

Von Monika Strehlow

Ein Jungstorch wurde von seinen Eltern einfach im Horst in Klosterwalde zurückgelassen. Eine auf-wendige Rettungs-aktion begann am Freitag-morgen.

 

KLOSTERWALDE. Der Start ins Leben ist für den 2022 einzigen Jungstorch von Klosterwalde mit Hindernissen gespickt. Nicht nur, dass es den beiden Alttieren bei der extremen Trockenheit in diesem Jahr schwerge-fallen sein muss, ihr Küken überhaupt groß zu ziehen. Jetzt wurde es von seinen Eltern auch noch alleingelassen. Seit Dienstag habe sie die Alten nicht mehr gese-hen, sagt Margit Schin-dler. „Als der Jungstorch im Horst allein blieb, rief ich bei Tierarzt Börner an, der sofort Hilfe organisierte“, erzählt sie sichtlich aufgeregt.

Immerhin gehörten die Störche schon zum Dorf, als sie und ihr Mann sich

vor 25 Jahren hier niederließen. Damals brüteten sie auf der Scheune; erst auf einer Seite des Dachfirstes, dann auf der anderen. Als der Horst wegen Über-gewichts abzu-stürzen drohte, wurde im Vorjahr in direkter Nachbarschaft ein Mast mit Nisthilfe montiert. Doch im ersten Jahr blieb das Angebot unbewohnt. Umso grö-ßer war die Freude, als sich Ende April wieder ein Stor-chenpaar auf dem Grundstück niederließ, der Ucker-mark Kurier berichtete. Verständlich ist der Schreck bei den Beteiligten über die neue, so noch nicht erlebte Situation. Die Eltern flogen ab, ohne den Nachwuchs. An der Rettungsaktion des Jung-tieres beteiligt war auch Angela Dobberstein, Ge-schäftsführerin der Elek-trofirma Rainer Tho-mas GmbH aus Groß Dölln.

„Wir sind seit Jahren Partner der e.dis bei der

Errichtung von Nisthilfen und haben auch diesen Mast hier aufgestellt“, klärt sie auf. Eine Premiere allerdings war die Rettungsaktion für ihre Mitarbeiter Frank Gamrath und Thomas Wegener. Mit einem Ke-scher fingen sie vom Hubsteiger aus das auf-geregt flatternde Tier ein und legten es in einen Pappkarton.

Norbert Bukowsky, Weiß-storchbeauftragte des NABU-Regionalverban-des, fuhr ihn zu Tierarzt Ingo Börner, der schon vielen Wildvögeln helfen konnte. „Bis Montag wäre das Tier vermutlich verendet“, lobt Bukowsky die schnelle Reaktion der Klosterwalderin. Denn die Brutbilanz bei den Weißstörchen sieht auch in diesem Jahr traurig aus. 2018 wurden im Altkreis Templin 94 junge Störche aufgezogen, 2019 waren es nur noch 56. In diesem Jahr wurde nur rund die Hälfte der Horste bezogen.

 2021 flogen 60 Jung-störche aus, in diesem Jahr waren es laut NABU-Statistik wieder nur 56. Das Sorgenkind aus Klosterwalde hat gute Chancen zu überleben. Der Vogel sei nicht abgemagert, brauche  aber noch mehr Kräfte für den weiten Flug in den Süden, sagt Ingo Börner und erklärt: „Es ist ganz normal, wenn die Elterntiere allein zu einem bestimmten Zeit-punkt losfliegen.“ Im Normalfall sammeln sich die Jungtiere dann auf den Wiesen in Gruppen und starten gemeinsam in den Süden. Doch dafür ist der Klosterwalder wohl zu spät geboren. Gestern noch nahm ihn die Storchenstation Pa-pendorf bei Pasewalk auf, wo er in Gesellschaft anderer Schicksalsgenos-sen aufgepäppelt wird. Sollte er für den Abflug noch immer zu schwach sein, kann er dort auch überwintern.

 

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Aus der Templiner Zeitung vom 20.08.2022, Seite 18, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

 

Zuletzt geändert: 20.08.2022